Was ist eine Angstspirale?

Meistens passiert es ganz unerwartet: Deine Gedanken beginnen wild zu kreisen, sich immer mehr zu verstricken, bis du irgendwann die Fantasie nicht mehr von der Realität unterscheiden kannst. Dieses Gefühl, nach und nach die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren, diese Gelähmtheit, diese bodenlose Unsicherheit.
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anxiety spiral
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So schrecklich der Moment auch ist – Angstzustände sind sind keine Seltenheit. Vielleicht beruhigt es dich schon ein wenig, zu wissen, dass du mit deiner Angst nicht allein bist, aber noch besser können dir bestimmt ein paar effektive Techniken helfen.

Angst wird heutzutage so viel erforscht, wie nie zuvor. Wissenschaftler:innen verstehen die physiologischen und psychologischen Ursachen von Angstzuständen immer mehr und können die Reaktionen von Körper und Geist besser deuten. Wir haben die besten Forschungsergebnisse für dich zusammengetragen, damit du deiner nächsten Attacke bewusster begegnen kannst, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Wie bildest sich eine Angstspirale?

Angstspiralen sind oftmals das Ergebnis von Angststörungen (z. B. einer Panikstörung), Phobien (z. B. einer Sozialphobie), oder einer posttraumatischen Belastungsstörung. Doch egal wie sie entstehen, sie haben eins gemeinsam: Du fühlst dich mit der Zeit, als ob du allein gegen einen unbesiegbaren Feind kämpfen würdest.

Warst du schonmal so in deinen Sorgen versunken, dass dein Gehirn einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte? Dann weißt du sicher, wie schwierig es ist, auf die Frage „Wovor hast du denn eigentlich Angst?“ zu antworten. Obwohl dein Gehirn wie leergefegt zu sein scheint, spielt sich bei einer Angst- oder Panikattacke ganz schön viel darin ab.

Therapeut:innen, Neurowissenschaftler:innen und kognitive Psycholog:innen haben bereits viele verschiedene Theorien aufgestellt, um den Aufbau einer Angstspirale zu verstehen. So unterschiedlich diese Modelle auch sein mögen, stimmen sie in einem Punkt überein: Angstzustände werden durch sich wiederholende Gedankenschleifen verstärkt, nicht gemindert.

Der Ursprung der Angstspirale

Angstspiralen werden oftmals durch stressige Lebensereignisse, anhaltende Sorgen oder sogar unangenehme körperliche oder geistige Erkrankungen ausgelöst. Das Gehirn reagiert sofort auf Angst und kann sich deswegen auf negative Gedanken versteifen. Dabei verlierst du den Fokus auf das Wesentliche und verwechselst dein Gedankenkarussell mit Gefahr. Bei einer Panikattacke fokussierst du dich deswegen auf bestimmte Funktionen deines Körpers und nimmst sie stärker wahr, wie zum Beispiel deinen Herzschlag, ein flaues Gefühl im Magen oder schwitzende Hände. Zu allem Übel kann sich deine Panik dadurch sogar verschlimmern.

Warum das so ist?

Dein Gehirn nutzt dein Hormonsystem, um starke Gefühle in körperliche Reaktionen zu übersetzen. Die Alarmglocken läuten und dein Gehirn bereitet sich durch den Ausschuss von Adrenalin und Cortisol auf eine scheinbar unmittelbar bevorstehende Gefahr vor. Dein sympathisches Nervensystem ist aktiviert und intensiviert deine körperlichen Reaktionen umso mehr.

Und das ist sehr gefährlich – denn deine Angstspirale dreht sich immer schneller und kann so außer Kontrolle geraten.

Selbst, wenn du dir deiner Gefühle bewusst wirst und realisierst, dass du nicht in Gefahr bist, können sich Körper und Geist dennoch auf die Gedanken fokussieren und deine Panik verschlimmern. Dein Körper ist in einem Zustand der Übererregbarkeit, was aus psychologischer Sicht zwar nicht gefährlich ist, dennoch versteift sich dein Körper (oft unbewusst) auf eine mögliche Bedrohung und kann sich nur schwer zurück in die Realität ziehen. Bei einer tatsächlichen körperlichen Gefahr reagiert dein Körper, indem er sich physisch von der Situation entfernt. Doch wo soll er hin, wenn die angebliche Gefahr in ihm drin ist – nämlich in Form deiner Gedanken und Ängste? Deswegen ist es wichtig zu verstehen, dass Sorgen zu körperlichen Reaktionen heranwachsen können, die wiederum deine Panik verstärken.

Lese-Tipp: Wir können uns unseren Ängsten stellen. Neurowissenschaftler Dr. Karolien Notebaert erklärt, wie du dein Gehirn veränderst, um mutiger zu werden.

Angstspiralen sind schwer zu entkommen

Der Ausschuss von Hormonen im Zusammenspiel mit angsteinflößenden Gedanken, sind das Grundrezept für Panikattacken. Denn beim Rationalisieren von Sorgen baust du noch mehr Angst auf, die deine Sorgen wiederum intensivieren. Du merkst, Denken macht die Sache also nur noch schlimmer. Dein Gehirn verpackt deine Gedanken in körperlichen Reaktionen, die dann biologisch umgesetzt werden und deinen negativen Gedanken einen Boost geben. Ein Teufelskreis.

Wenn sich deine Angstspirale zu einer Panikattacke entwickelt, entlädst du deinen Körper kurzfristig der aufgebauten Spannung. Du fühlst dich danach zwar etwas befreiter, langfristig gesehen ist deine Angst aber nur verschoben. Denn dein Körper versteht aufgrund deiner Reaktion mit der Zeit, dass bestimmte Gedanken, Gefühle und Sorgen immer mit Angst verbunden sind und reagiert entsprechend, um dich zu schützen. Menschen, die unter einer Sozialphobie leiden, passen sich dieser Angst an, indem sie ihr soziales Verhalten ändern. Alles, was in der Vergangenheit bereits eine Angstspirale ausgelöst hat, wird gemieden, wie zum Beispiel bestimmte Situationen, Orte oder Menschenmassen. Anstatt sich der Angst zu stellen, werden diese neuen Verhaltensweisen nur bestärkt, statt bekämpft.

Lese-Tipp: Kontrolliere deine Angst mit der 5-4-3-2-1-Übung.

Was passiert im Gehirn, wenn sich Angst aufbaut?

Angst hört sich erstmal ziemlich negativ an. Doch tatsächlich ist sie eine lebensrettende Reaktion deines Körpers, die sich über Millionen von Jahren entwickelt hat. Wenn du in einer gefährlichen Situation bist, setzt der Überlebensinstinkt ein und schützt dich. Gestörte kognitive Kontrolle, eine Tendenz, psychologische Wahrnehmungen zu verinnerlichen, genetische Veranlagungen sowie täglicher Stress können dieses System allerdings durcheinanderbringen und die schützende Reaktion stören. Auch negative Gedanken tragen ihren Teil dazu bei.

Dieser Schutz entsteht in der Amygdala, auch Mandelkern genannt. Er ist ein Teil des Gehirns, der eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Gefühlen spielt. Es wird davon ausgegangen, dass Angst im Mandelkern entsteht, der den Grad der sinnlichen Wahrnehmung unserer inneren Empfindungen kontrolliert. Wichtiger ist jedoch die Schutzfunktion, die von der Amygdala ausgeht. Befindest du dich in einer lebensbedrohlichen Situation, lernt der Mandelkern aus deinem Verhalten und kann dich bei künftigen ähnlichen Zuständen besser und schneller schützen.

Ist der Mandelkern stark stimuliert, löst der Körper die Kampf-oder-Flucht-Reaktion aus. Stresshormone, wie Adrenalin, werden ausgeschüttet und regulieren, wie stark oder schwach du auf Angst reagierst. Das passiert auf der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse), einem Netzwerk, das das Gehirn mit den Stressdrüsen verbindet. Es ist auch dafür verantwortlich, dass sich Angst nicht nur auf deinen Geist, sondern auch deinen Körper überträgt.

Der Vorderlappen dämpft Stressreaktionen, ist für logisches und rationales Denken verantwortlich und bildet neue Erinnerungen. Sobald dieser Bereich des Gehirns aktiviert ist, wird Stress gemindert und die Angstspirale angehalten. Der präfrontale und anteriore cinguläre Cortex bewirken genau das Gegenteil: die Wahrnehmung negativer Gedanken wird intensiviert und kurbelt die Angstspirale weiter an.

Die Angstspirale unter der Lupe

Fragst du dich, wie du Panikattacken vorbeugen kannst? Kognitive Verhaltenstherapie ist eine vielversprechende Methode, die negative Gedanken in Schach hält und den Aufbau einer Angstspirale mindert. Dein Geist wird dadurch beruhigt und dein Hormonhaushalt verschont auch deinen Körper vor physischen Stresssignalen.

Forscher:innen entdecken stets neuer Techniken, die Angst unter psychologischen, kulturellen, mentalen und physiologischen Aspekten betrachtet. Neuen Studienergebnissen zufolge ist der Mandelkern nicht der ausschlaggebende Bereich des Gehirns, der dich bei Stress schützt. Der Nucleus striae terminalis (bed nucleus of the stria terminalis), ist ein Kerngebiet der Amygdala und könnte ein Schlüsselfaktor bei Überwachheit (Hypervigilanz) sein. Psychologisch gesehen sind sich Wissenschaftler:innen einig, dass Achtsamkeitsübungen die Angstspirale unterbrechen und sogar durch eine Bewusstseinsspirale ersetzen kann. So kann dein Körper sich besser auf entspannende Reaktionen konzentrieren, die deine Angst oder Panik schneller abbauen oder sogar daran hindern, sich zu einer Attacke auszubauen.

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